Ich bin in einer queerplatonischen Beziehung (QPR). Einerseits ist das wahnsinnig kompliziert. Deswegen starte ich auch gleich mit einer Definition von Queer Lexikon: Queerplatonische Beziehungen sind nicht romantisch, haben aber den gleichen Stellenwert und die gleiche Intimität. QPRs sind eng mit dem aromantisch-asexuellen Spektrum verbunden.
Für mich bedeuten QPRs, dass ich die Beziehungsform gefunden habe, die für mich passt. Und die richtige Person für mich; meine queerplatonische Partnerin. Und das auch ganz ohne Romantik.
Es bedeutet aber auch, dass ich mich oft erklären muss und keinen passenden Begriff habe, mit dem ich sie vorstellen kann. Freundin trifft es nicht richtig (zu allo), Kollegin erfasst die Tiefe und Bedeutung unserer Beziehung nicht genügend. Die Aro-Ace Community hat sich aus Frustration über diesen Fakt den Begriff «Zucchini» angeeignet. Und obwohl ich ihn total niedlich finde und ihn in meiner Bubble auch brauche, komme ich damit in der breiteren Gesellschaft nicht weit. Das wiederum bedeutet, dass ich sie entweder als romantische Partnerin oder als eine Freundin unter vielen vorstellen muss – beides fühlt sich einfach nicht richtig an – oder mich jedes Mal ausführlich erklären muss. Ich finde es absolut nachvollziehbar, dass Menschen, die sich noch nie mit dem Thema befasst haben, nichts über QPRs wissen. Und doch mag ich mich nicht immer erklären, wenn jemensch die Frage stellt, ob ich Single bin. Denn es ist kompliziert – aber es so zu nennen, meiner Meinung nach nicht zutreffend. Für mich ist es nicht kompliziert und mein Beziehungsstatus auch nicht unklar. Es fehlt einfach bei den allermeisten noch das Wissen über diese Option. Was es kompliziert macht, ist, dass mensch in unserer Gesellschaft davon ausgeht, dass jede_r sich eine_n romantische_n Partner_in wünscht und ohne nicht erfüllt und zufrieden sein kann.
Auch in der Beziehung selbst bedeutet es, dass es keine Normen für uns gibt: nichts, was uns sagt, was wir zu tun und zu lassen haben. Aber eben auch nichts, an dem wir uns orientieren könnten.
Andererseits ist meine Beziehung das Einfachste der Welt: Sie liebt mich, ich liebe sie und wir möchten nichts mehr, als ein gemeinsames Leben aufzubauen und uns gegenseitig zu unterstützen, wo auch immer es uns hinführt. Eigentlich gar nicht so schwierig nachzuvollziehen, oder? Ja, es wäre schön, wenn der Rest der Welt das ohne grosse Erklärungen verstehen könnte, aber ganz ehrlich: Wichtig ist es nicht wirklich. Wir zwei wissen, was wir uns bedeuten und alles andere ist ein netter Bonus. Sie ist schon fast mein ganzes Leben eine der wichtigsten Personen für mich und alle, die uns kennen, wissen wie eng wir verbunden sind. Ob sie verstehen können und wollen, was genau das für eine Verbindung ist, ist nicht unsere Angelegenheit. Es ist nicht unsere Aufgabe mit unseren persönlichen Geschichten aufzuklären. Also geniessen wir einfach, was wir haben. Den Freiraum, den uns eine Beziehung ausserhalb der Normen gibt. Ohne Orientierung an Vorbildern oder vergleichbaren Beziehungen, sind wir losgelöst von sozialen Rollen, Einschränkungen und Erwartungen. So können wir bei allem frei entscheiden, ob wir es wollen oder nicht, egal ob es um Formen der körperlichen Nähe geht oder um die Frage, wie oft und in welchem Kontext wir uns treffen wollen. So entsteht nach und nach die für uns beiden perfekte Beziehung; Unsere Umarmungen bedeuten nach Hause kommen, dass wir ohne Anlass «ich liebe dich» sagen, ist selbstverständlich und wir reden offen darüber, wie es uns geht, was wir brauchen und was die andere für Unterstützung leisten und anbieten kann.
Andere queerplatonische Beziehungen sehen mit Sicherheit anders aus. Denn diese Beziehungen sind mindestens genauso unterschiedlich, wie die Menschen, die sie führen. Die Bezeichnung QPR ist ein
breites Label und – wie schon gesagt – manchmal schwierig in Worte zu fassen. Deshalb wisst ihr wahrscheinlich nach wie vor nicht genau, was eine queerplatonische Beziehung eigentlich ist. Das liegt vermutlich auch daran, dass die Definitionsmacht bei jeder queerplatonischen Partnerschaft selbst liegt. Aber es ist auch gar nicht wichtig, wie die Beziehungen im Detail aussehen. Auch das definieren die Partner_innen immer individuell für sich selbst (wie das eigentlich auch in romantischen Beziehungen der Fall sein sollte). Wichtig ist, dass diese Beziehungsform genau so ernst genommen wird, wie andere. Dass mensch uns glaubt, wenn wir sagen, wir gehören zusammen, auch wenn wir nicht ihre Erwartungen eines Paares erfüllen. Dass uns niemensch abspricht, dass wir wissen, was wir wollen, auch wenn es für andere nicht das Richtige wäre. Schliesslich ist und bleibt es unser Leben. Und ich muss sie nicht «Freundin» nennen, um zu wissen, dass meines mit ihr an meiner Seite besser ist.
Allo
Alloromantisch und allosexuell bilden die Gegenstücke zu aromantisch und asexuell, meint also Personen die grundsätzlich romantische und sexuelle Anziehung verspüren. Allonormativität ist eine Norm in unserer Gesellschaft, die davon ausgeht, dass jede Person Sex und eine romantische Beziehung haben will.