Es tut mir leid, dass ich dir das viel zu selten zu spüren gebe. Oft sage ich dir nur, dass du nicht genug seist. Dass du dies und jenes falsch gemacht hättest. Dass du hier und dort besser einen anderen Weg gegangen wärst. Oft haben wir unsere Momente nur, wenn wir uns uneinig sind. Wenn etwas nicht passt. Wenn wieder einmal alles scheisse läuft. Kein Wunder, denn solange alles gut läuft, ist ja auch niemensch schuld. Dann leben wir einfach miteinander und ich vergesse, was du alles für mich tust…

Du hast jede einzelne meiner Lebensentscheidungen unterstützt. Auch wenn wir sie danach manchmal zusammen bereut haben. Du gabst mir oft das Gefühl, das Richtige zu tun und wenn ich Zweifel hatte, halfst du mir die Dinge klarer zu sehen. Auch wenn ich schon so oft gedacht habe, dass auch du mich im Stich gelassen hast, bist du doch immer irgendwann plötzlich aus dem Nichts neben mir aufgetaucht und warst da für mich.

Wenn ich wieder einmal Mühe hatte anzuerkennen, dass etwas vorbei oder zwecklos ist, dass er halt doch nicht der Richtige ist, warst es du, der mich sanft in die Realität zurückführte, auch wenn du vorher zu 100 % hinter mir gestanden hattest. Wenn ich mit jemenschem Streit hatte, warst du es, der mir ins Ohr geflüstert hat, ich solle doch erst einmal runterkommen und nachdenken, vielleicht hatten die anderen ja gar nicht so unrecht. Du hast mich gelehrt, manchmal auch zurückzustecken.

Als ich beschloss, mir in einem Zelt am Frauenstreik mein erstes Tattoo stechen zu lassen, hast du mir versichert, dass alles gut kommt. Als ich quer durch die Schweiz fuhr, um jemenschen zu treffen, den ich nicht kannte (und meine Mutter natürlich nicht Bescheid wusste lol), gabst du mir Mut.

Jeden Tag gabst und gibst du mir die Kraft weiterzumachen und Neues zu entdecken. Mehr zu erleben. Uns beide besser zu machen.

Ich liebe dich, auch wenn’s manchmal echt nervig ist, wenn du wieder einmal nicht einfach auf’s Maul hocken kannst. Hast du das jetzt wirklich gerade laut gesagt? Wenn du nach der Arbeit einfach ins Bett liegst und dich dann nicht mehr reaktivieren lässt, obwohl wir eigentlich noch mega viel zu tun hätten.

Oder wenn du nervös bist und stundenlang einfach kreuz und quer durch die Wohnung läufst und dabei die Scheisse in deinem Kopf aus dir herauslabern lässt. Du spielst mir manchmal Streiche. Das finde ich dann jeweils im Moment nicht so lustig. Beispielsweise, wenn du mir einzureden versuchst, dass der Mann neben mir im Zug mich entführen oder ausrauben will. Wenn du mir auf der Brücke das Gefühl gibst, dass mein Handy jetzt dann gerade im Wasser landen wird.

Oder wenn du wieder einmal komplett die Beherrschung verlierst, weil etwas gerade nicht so klappt, wie es sollte. Wenn du dann fluchend an irgendeinem französischen Bahngleis stehst und keinen Ausweg mehr siehst, weil du vor lauter Emotionen nicht mehr denken kannst. Dann ist das vielleicht nicht praktisch, aber menschlich.

Ich glaube, du unterschätzt dich oft. Nimm dir einmal einen Moment Zeit und schau zurück. Siehst du, wie weit du schon gekommen bist? Welche Hürden du alle überwunden hast? Hättest du dir das zugetraut? Ich hätte es nicht. Wenn mir jemensch vor ein paar Jahren gesagt hätte, wo wir heute stehen, ich hätte them ausgelacht. „Das muss pures Glück gewesen sein, denn verdient ist es nicht“, hätte ich them gesagt: „Niemals wirst du / werden wir das schaffen“. „Das werden wir ja sehen“, hättest du mir zugeflüstert und dabei sanft gelächelt.

Ein*e schon fast desillusionierte*r Optimist*in warst du schon immer gewesen. Doch, wie du jetzt vor mir stehst, hätten wahrscheinlich sogar deine kühnsten Vorstellungen übertroffen. Wie stark du bist, wie gross. Wie du trotz Gegenwind jeden Tag aufs Neue für alles kämpfst, was dir wichtig ist. Ich bin stolz, dich an meiner Seite zu wissen. Du bist alles, was ein Leben lebenswert macht. Du gibst mir Freude genau so wie du mir Schmerz gibst. Auch wenn wir oft streiten, uns uneins sind, auch zusammen nicht mehr weiterwissen, könnte ich mir niemensch besseres als Begleitung auf meiner irdischen Reise vorstellen. Wir sind zusammen schon so viel gewachsen. Haben gelernt. Haben uns entwickelt. Wir haben gemerkt, dass anders sein nicht falsch ist. Wir haben gelernt, dass irgendwo Leute warten, die die gleiche Sprache sprechen. Nur weil wir sie noch nicht gefunden haben, heisst nicht, dass niemensch uns versteht. Es heisst nicht, dass wir etwas falsch machen, komisch sind. Und auch wenn du oft das Gefühl hast, nicht genug zu sein. Das stimmt nicht. Du bist gut genau so, wie du bist. Denn jeden Tag beweist du aufs Neue, dass du’s drauf hast. Du weisst nicht wie dankbar, wie stolz ich bin, dich in meinem Leben zu haben. Dieser Dank ist nur für dich, mein inneres Ich.

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