Seit Anfang November eine gewisse Person wieder zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde (seufz), hat sich im Internet ein bestimmter Begriff wie ein Lauffeuer verbreitet. Von US-amerikanischen (cis-hetero) Frauen gepriesen und von (cis-hetero) Männern verachtet, gewinnt die sogenannte «4B-Bewegung» immer mehr neue Anhänger*innen. Aber was steckt dahinter? Und warum wird diese Bewegung genau jetzt zum Trend in der US-amerikanischen Bevölkerung?
Die 4B-Bewegung wurde in Südkorea im Jahr 2017 gegründet. Das B steht für das Wort «bi», das aus dem Koreanischen übersetzt «nein» bedeutet. Die Anhänger*innen dieser Bewegung sagen Nein zu vier Dingen: Sex mit Männern, Beziehungen mit Männern, Heirat mit Männern und Kinderkriegen. Die Bewegung entstand als Protest gegen patriarchale Strukturen in Südkorea, die Frauen oft auf Ehefrauen und Mütter reduzieren, statt sie zu ermutigen, ihre beruflichen Ambitionen zu verfolgen. Frauen werden in Südkorea häufig Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt durch ihre männlichen Partner. Gegen diese Gewalt und das überholte Geschlechterbild protestieren südkoreanische Frauen nun, indem sie Männern komplett abschwören.
In den USA wurde diese Bewegung später von vielen Frauen aufgegriffen – als Antwort auf die Anti-Abtreibungsgesetze, die 2022 in vielen Bundesstaaten eingeführt und von Trump geplant wurden. Er ernannte während seiner ersten Amtszeit drei neue Richter*innen für den Obersten Gerichtshof, die entschieden, dass das Recht auf Abtreibung von den einzelnen Staaten bestimmt werden soll und nicht, wie bisher, vom Obersten Gerichtshof gesichert ist. Dies führte wiederum dazu, dass viele Staaten das Recht auf Abtreibung entweder stark einschränkten oder Abtreibungen gar ganz verboten, egal unter welchen Umständen. Auch nach sexuellen Übergriffen oder bei Gefährdung der schwangeren Person, ist das Recht auf Abtreibung in gewissen Staaten nicht mehr gegeben. Da nun ein von mehreren Frauen des sexuellen Missbrauchs, einschliesslich der Vergewaltigung, beschuldigter Mann für eine zweite Amtszeit als Präsident der USA gewählt wurde, steht die Befürchtung im Raum, die Rechte der US-amerikanischen Frauen über ihren eigenen Körper könnten noch weiter eingeschränkt werden. Manche fürchten, es könnte nicht nur das Recht auf Abtreibung angegriffen werden, sondern auch das Recht auf Verhütungsmittel. Aus diesem Grund fassten in der Wahlnacht am 6. November viele Frauen in den USA den Entschluss, gänzlich auf intime Beziehungen und Heirat mit Männern zu verzichten, um sich selbst vor Gewalt und ungewollter Schwangerschaft zu schützen. So weit, so gut. Was aber hat das Ganze nun für queere Menschen zu bedeuten? Die Bewegung bezieht sich ja spezifisch auf cis-hetero Personen. Haben wir in dieser Bewegung auch irgendwo unseren Platz? Ja und nein.
Ja, weil die Bewegung keine offizielle Organisation ist und deshalb grundsätzlich alle mitmachen können. Mensch muss sich nirgends einschreiben oder Anmeldegebühren zahlen, um den vier Geboten folgen zu dürfen. Wir alle könnten uns jetzt sofort entscheiden, keine intimen Beziehungen mit cis-hetero Männern einzugehen oder Kinder zu kriegen. Niemensch kann uns davon ausschliessen.
Aber auch nein, weil die Bewegung auf der Idee des binären Systems von Mann und Frau beruht. Weil das Nein zu den Männern nicht automatisch ein Ja zu queeren Beziehungen bedeutet. Im Gegenteil: Die radikalsten Anhänger*innen der Bewegung in Südkorea sind oft in extremistischen Online-Foren wie «Womad» unterwegs, wo starke Homo- und Transfeindlichkeit herrscht, gerade weil der Fokus so stark auf die Trennung der Geschlechter gelegt wird. Für queere Menschen bleibt da kaum Platz.
Die Idee hinter 4B ist nicht neu: Bereits in den 1960er-Jahren entwickelte sich unter radikalen Feminist*innen die Bewegung des «politischen Lesbianismus»: Frauen sollen keine Beziehungen mit Männern eingehen, sondern stattdessen nur mit Frauen, um den Fängen des Patriarchats zu entkommen. Ob die Anhänger*innen dieser Bewegung sich tatsächlich als lesbisch identifizierten oder nicht, spielte dabei keine Rolle. Genauso wenig, ob sie tatsächlich romantische Beziehungen mit Frauen eingingen oder nicht.
Es ging eher darum, den Männern den Rücken zu kehren und stattdessen den Zusammenhalt unter den Frauen zu fördern. Diese Idee der Solidarität mit den «Schwestern» scheint bei der 4B-Bewegung jedoch nicht im Fokus zu stehen. Die 4B-Bewegung schlägt momentan noch hohe Wellen in den USA. Ob sie sich in den kommenden vier Jahren durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Sofern sie keine Offenheit für alternative Beziehungsformen zeigt, hat sie für uns Queers (auch nicht für die unter uns, die sich zu cis Männern hingezogen fühlen) allerdings nicht viel zu bieten.