«Warum feiern Menschen die Pride? Das schadet doch mehr als es nützt, weil es die Unterschiede zwischen der LGBTQIA+-Community und dem Rest der Gesellschaft betont und somit das Gegenteil von Normalisierung ist.»
Bei der Pride geht es (zumindest für mich) darum, dass alle sein dürfen, wie sie wollen – und das auch feiern dürfen. In einer idealen Welt bräuchte es die Pride wahrscheinlich nicht, weil Queersein da einfach normal wäre. Aber wir sind heute definitiv noch nicht so weit: Die allermeisten Queers erleben Diskriminierung und werden vom ersten Questioning an als «nicht normal» abgestempelt. Vielen von uns wäre es lieber, wenn sich niemensch dafür interessieren würde, was für ein Geschlecht wir haben oder wen wir (nicht) lieben. Aber die Menschen tun es trotzdem und verurteilen uns auch oft dafür. Da wir damit leben müssen, «anders» zu sein, ist für viele die beste Lösung offen dazu zu stehen und zu sagen: So bin ich und ich finde mich gut so. Bei der Pride geht es ja auch um die Community, darum, dass wir merken, dass wir nicht alleine sind. Das kann auch den Queers helfen, die vielleicht noch nicht damit klarkommen, dass sie queer sind: Weil sie sehen, dass es für sie einen Platz gibt und es möglich ist, mit sich selbst glücklich zu sein.
«Warum ist es wichtig, auch bei nebensächlichen Gesprächen über Liebe nicht nur heterosexuelle Paare als Option zu nennen? Es kann ja als vernünftige Annahme angesehen werden, dass Heteropaare nun mal die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen.»
Natürlich sind heterosexuelle Paare die Mehrheit, es ist aber sehr wichtig, dass die Menschen auch für andere Optionen offen sind und das – in welcher Form auch immer – auch kommunizieren. Es geht nicht darum, dass mensch immer alle Möglichkeiten aufzählt, sondern darum, dass sich Queers akzeptiert fühlen. Es ist nichts Grosses (und meist auch nicht in böser Absicht), wenn jemensch ausschliesslich über Heteropaare spricht. Aber weil dies in fast jeder Unterhaltung über Liebe passiert, lernen wir, dass nur die Liebe zwischen Mann und Frau «normal» ist und haben in vielen Fällen auch etwas Angst, die Reaktion auf eine gleichgeschlechtliche Beziehung könnte negativ ausfallen – wir müssen uns dann Gedanken machen, die sich heterosexuelle Menschen nie machen müssen.
«Werden unsere Kinder nicht indoktriniert, wenn das Thema Queerness in der Schule oder bereits schon im Kindergarten zur Sprache gebracht wird?»
Das ist eine unbegründete Annahme: Nur weil Kinder Queerness sehen und sich damit beschäfti-gen, werden sie nicht automatisch queer. Es schafft lediglich mehr gesellschaftliche Akzeptanz, weil sich alle mit dem Thema auseinandersetzen. Und für queere Kinder macht es einen unglaublichen Unterschied, wenn sie sich repräsentiert sehen. Kindern beizubringen, dass jede_r gut so ist, wie sie_er eben ist, gibt ihnen die Möglichkeit, mit sich selbst glücklich zu sein und dies auch für andere zu wollen. Es kann extrem schwierig sein, sich mit der eigenen Queerness «anzufreunden». Hier ist es wie mit der Pride: Vorbilder, die vorleben, was alles möglich ist, können das extrem erleichtern. Dazu gehört es auch, in der Schule über verschiedene (queere) Lebenswelten aufzuklären, denn genau das ist es: Keine Indoktrination, sondern Aufklärung.